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„Schau hin! Was Dein Kind mit Medien macht“

So heißt eine Initiative des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, kurz BMFSFJ. So weit, so gut. Immer, wenn mein alter Herr irgendetwas wissen wollte, kam er zu mir. Reiseangebote, Hotelsuche, Fahrkarten buchen, Zugverbindungen und so weiter und so weiter. Jedes Mal meinte er, ich solle doch mal in dem kleinen Fernseher nachschauen. „Das ist kein kleiner Fernseher, das ist ein Monitor, und wir schauen im Internet nach.“ Und dann riet ich ihm, sich Internet zuzulegen. Da könne er in Ruhe die Angebote aussuchen und sei in der ganzen Welt zu Hause. Nee, das sei nichts für ihn. Doch im Sommer letzten Jahres kam der Wandel: Vadder, der Handyverweigerer, goes online.

Was war passiert? Ein kleiner Auffahrunfall, und der Wagen musste in die Werkstatt. Der Meister wollte den Kostenvoranschlag auf Vadders Handy senden und bat um die Nummer. Welches Handy, welche Nummer? Der Meister schaute ungläubig. „Ja, dann faxe ich den Kostenvoranschlag.“ – „Fax? Habe ich nicht.“ – „Okay, dann eben per Post, oder Sie kommen morgen vorbei.“ – „Wie denn ohne Auto?“ Da fielen ihm mein kleiner Fernseher und mein Handy ein. Er kramte in der Brieftasche und zog einen verknitterten Zettel heraus. Meine Handynummer und meine E-Mail-Adresse. „Na also, dann schicke ich das Angebot an Ihren Sohn.“ Ohne die Aktion hätte ich überhaupt nicht erfahren, dass Vadder wieder einmal einen kleinen Crash gehabt hatte. Das verheimlicht er immer ganz bewusst.

Drei Stunden später hatte ich ein Angebot erhalten und rief Vadder auf dem Festnetz an. „Ich denke, du bist auf Dienstreise?!“ – „Ja, schon, aber das Angebot konnte ich auf meinem Smartphone empfangen.“ – „Das geht?“ – „Ja, das geht. Habe ich dir immer gesagt. Und wie, schon wieder ein Unfall?“ – „Ja, nun hör mal auf zu meckern, das passiert eben mal.“ Das war ihm sehr unangenehm, zumal ich ihm des Öfteren geraten hatte, das Auto endlich abzuschaffen. Einige Wochen später kam er wieder einmal vorbei. „Nee, Vadder, hab jetzt wenig Zeit.“ – „Du, ich wollte nur fragen, wie das mit dem Internet so geht, und vielleicht mach ich das ja doch.“ – „Ja toll, da helfe ich dir.“ Also wurde ein Smartphone mit angeschafft. Die Begeisterung war so groß, dass er nach kurzer Zeit etwas Größeres wollte. Das fetteste Tablet musste es sein; Handydisplay war ihm viel zu klein. Mein Handyverweigerer wurde binnen kürzester Zeit zum digitalen Vadder. Vorbei kam er immer seltener. Stattdessen bombardierte er mich mit Apps, Twitter-Nachrichten und allem, was digital so möglich ist.

Schließlich erhielt ich von Vadder eine Freundschaftsanfrage auf Facebook. „Jetzt reicht’s“, dachte ich.
Aber den Geist aus der Flasche hatte ich ja selbst befreit. Dann kam die Krönung: Vadder hatte sein Auto über wirkaufendeinauto.de verkauft. „Total easy“, meinte er, „und alles ging blitzschnell.“ Jetzt hat er sich bei Drive Now übers Internet angemeldet, und seine Reisen, Zugkarten oder Einkäufe bucht er alle übers Netz.

Langsam muss ich aufpassen, was Vadder so alles im Netz unternimmt.
Schau hin, was dein Vadder mit Medien macht, heißt es jetzt.

Viktor