Suche
Close this search box.

„Die spinnen, die Menschen …“ Zum Glück gibt es Juristen …

Was würden wir nur machen, wenn es keine Juristen gäbe? Wir hätten niemanden, über den wir ab und zu Witze reißen könnten – wenn es nicht so ernst wäre. Auch im Sinne des Verbraucherschutzes trat am 1. Januar 2015 ein neues Mess- und Eichgesetz in Kraft. Frauchen ist das egal, solange in seinem Pils- oder Weinglas die außen stehende Menge enthalten ist.
Aber so einfach ist das natürlich nicht. Es handelt sich bei den Bier- und/oder Weingläsern nämlich nicht einfach um ein Trinkgefäß, sondern dieses Trinkgefäß ist im neuen Recht unter bestimmten Voraussetzungen ein „Messgerät“ der Gruppe „Maßverkörperungen“ in der konkreten Ausprägung eines „Ausschankmaßes“. Alles klar!
Diese Thematik beschäftigte Viktor bereits in der Oktober-Ausgabe 2014. Und aktuell hat sich der
Bayerische Brauerbund wie nachstehend zwangsläufig damit auseinandergesetzt.

Neues vom „Keferloher“
Umstrittene Bodenprägung entfällt

Wir nehmen Bezug auf unsere wiederholte Berichterstattung zu den Rahmenbedingungen, unter denen in Deutschland die Weiternutzung des „Keferlohers“ (undurchsichtiger Stein-/Tonkrug) durch eine Ausnahmeklausel in der deutschen Mess- und Eichverordnung (MessEV) hat erreicht werden können, zuletzt in M VII 1/2016 vom 1.8.2016.

Das Bayerische Landesamt für Maß und Gewicht als in Bayern zuständige Behörde hatte die rechtskonforme Weiternutzung von Keferlohern zum gewerblichen Offenausschank schäumender Getränke, also im Wesentlichen Bier, an die Voraussetzung geknüpft, dass nicht nur, wie in der MessEV vorgeschrieben, dem Gast die Überprüfung des „Messergebnisses“ unter Zuhilfenahme eines ordentlichen Umfüllmaßes angeboten werden muss, sondern die (eigentliche) Untauglichkeit eines Keferlohers zur korrekten Volumenmessung von Bier zusätzlich durch einen entsprechenden Auf- oder Eindruck („nicht geeignet für schäumende Getränke“) auf dem Krugboden kenntlich zu machen sei.

Diese nur auf die Eignung als Messgerät bezogene Verwendungsbeschränkung wurde nun fälschlich auf die Eignung als Trinkgefäß generell bezogen und führte zu Unverständnis und bundesweit in Print- sowie Funkmedien zu großer Erheiterung.
Diese wäre im Sinne der Gewährleistung der Weiternutzung des Keferlohers noch verkraftbar gewesen. Der bayerische Sonderweg jedoch hatte zu der skurril anmutenden Situation geführt, dass in Rheinland-Pfalz, wo mit Firmen wie Sahm oder Rastal namhafte Hersteller auch von Keferlohern ansässig sind, entsprechend gekennzeichnete Krüge nicht zum Einsatz hätten gebracht werden dürfen, während in Bayern Krüge ohne den kritisierten Eindruck von der gewerblichen Verwendung ausgeschlossen gewesen wären.

In Bayern hergestellten Krügen ohne Ein-/Aufdruck wäre eine „Konformitätserklärung“ (landläufig: Eichung) versagt worden, in Rheinland-Pfalz hingegen hätte es für Krüge mit Ein-/Aufdruck diese Erklärung nicht gegeben.

Der Bayerische Brauerbund hat sich in weiteren intensiven Gesprächen mit dem Bayerischen Landesamt für Maß und Gewicht sowie dem zuständigen Wirtschaftsministerium um eine Lösung dieser in jeder Hinsicht unbefriedigenden Situation bemüht.
Die zuständige Konformitätsbewertungsstelle beim Bayerischen Landesamt für Maß und Gewicht teilt nun mit Schreiben vom 12. Juni 2017 mit: „Direktor Dr. Weberpals (Leiter der Baye­rischen Eich- und Beschussverwaltung) hat in Abstimmung mit dem Bayerischen Wirtschaftsministerium entschieden, dass das Landesamt für Maß und Gewicht als bayerische Konformitätsbewertungsstelle und Marktaufsichtsbehörde seit 01.06.2017 keine Verwendungsbeschränkung für schäumende Getränke (insb. Bier) unmittelbar auf nichtdurchsichtigen Ausschankmaßen (Stein- und Tonkrügen) [mehr] fordert.
Konkret bedeutet dies, dass auf den nichtdurchsichtigen EU-Ausschankmaßen für Bier keine Verwendungsbeschränkungsaufschrift mehr aufgebracht werden muss.

Ansonsten ändert sich bzgl. der auf den EU-Ausschankmaßen aufzubringenden Kennzeichnungen und Aufschriften nichts.

Die Verwendungsbeschränkungen
• ‚Nicht für Messungen mit schäumenden Getränken geeignet‘ oder sinngemäß Ähnliches sowie
• ‚Gewerbliche Verwendung nur in Deutschland erlaubt‘ oder sinngemäß Ähnliches
müssen bei den nichtdurchsichtigen EU-Ausschankmaßen für Bier, wie vielfach kommuniziert in den Begleitunterlagen (EU-Konformitätserklärung, Lieferschein, Rechnung …) dokumentiert sein.
Die Erstellung einer Bedienungsanleitung für nichtdurchsichtige EU-Ausschankmaße für Bier und dessen Beifügung ist nicht erforderlich.“
Besonderer Dank gilt der Fa. Franz Herb, Herrn Peter Gensthaler, für seine engagierte Unterstützung unseres Anliegens.

Da es eine dem deutschen Recht vergleichbare Ausnahmeregelung im benachbarten Österreich nicht gibt, bleibt der Einsatz von undurchsichtigen Stein- oder Tonkrügen für den gewerblichen Offenausschank von Bier dort allerdings untersagt.
Der mit Exportfragen betraute BBB-Geschäftsführer befindet sich diesbezüglich in Gesprächen mit den zuständigen österreichischen Stellen. (LE)

Mit freundlicher Genehmigung des
Bayerischen Brauerbunds e. V.,
VII. Recht (Technik), Nr. 3/2017, Seite 4