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Alle Jahre wieder …

… könnte man meinen, wenn die Weihnachtsdeko eingepackt ist und uns die Waage unsere Sünden mit einigen Kilos mehr auf den Hüften gnadenlos vor Augen hält. Tatsächlich stehen wir wieder am Anfang.

Am Anfang eines neuen Jahres – und da stehen Wörter. Wörter wie „Lügenpresse“, „Sozialtourismus“, „Herdprämie“ oder „Flüchtlinge“, „Wutbürger“ oder „Stresstest“. Alle diese Wörter haben eines gemeinsam: Sie sind Wörter oder Unwörter des jeweils vorigen Jahres.

Jedes Jahr wählt Deutschland das Wort des Jahres, und 1991 kam noch das Unwort hinzu. Wörter und Wendungen, die unser Leben gesellschaftlich, politisch oder wirtschaftlich besonders bestimmt haben. Zudem gibt es noch das Jugendwort, das Zitat und den Spruch des Jahres. Es gibt sogar Börsenunwörter des Jahres, etwa „Heuschrecken“, „Leerverkauf“ oder „Rettungsschirm“. 2015 war das Unwort „Gutmensch“ und das Wort des Jahres „Flüchtling“.

Auch die Alpenrepublik Österreich wählt jedes Jahr. Für 2015 war „Willkommenskultur“ das Wort und „besondere bauliche Maßnahmen“ das Unwort des Jahres. Die Eidgenossen wählten „Einkaufstourist“ und „Asylchaos“. Klar, dass alle diese Wörter bei uns und unseren Nachbarn 2015 mit den Flüchtlingsströmen im Zusammenhang standen.

Das Unwort der Ösis – „besondere bauliche Maßnahmen“ (gemeint ist hier ein kilometerlanger Zaun an der Grenze zu Slowenien) – steht im krassen Gegensatz zum Wort des Jahres: „Willkommenskultur“. Bei uns stehen seit der Einführung der Wortwahl über 90 Prozent im politischen Zusammenhang.

Bei den Jugendwörtern sieht es anders aus. Sie sind einen Tick kreativer. 2008 war Platz drei bei der Jugend „unterhopft sein“ – eben Lust auf ein Bierchen. „Guttenbergen“ – mal ein bisschen abschreiben – stammt aus 2011. Im letzten Jahr war Platz eins bei den Kids „Smombie“ für Smartphone-Zombie, gefolgt von „merkeln“ – gemeint ist: nichts tun, keine Entscheidung treffen.

So unterschiedlich werden gesellschaftliche oder politische Themen als Wortfindungen bei den Generationen interpretiert. Gut so. Denn das bedeutet ja auch, dass sich alle auf ihre Weise mit sich und der Welt beschäftigen. Für 2016 hätte ich schon einen heißen Anwärter für das Unwort des Jahres: „Armlänge“. Dieser großartige Tipp der Kölner Stadtspitze an die Frauen, immer eine Armlänge Abstand zum bösen Mann zu halten. Super Idee! Und woran erkenne ich den noch mal?
Euer Viktor