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Unter Generalverdacht

Die Banker scheinen dermaßen unter ihrem miesen Image zu leiden, dass sie tatsächlich über eine Reduzierung ihrer Vorstandsbezüge nachdenken. Und nicht nur das. Der angedachte Kulturwandel soll wieder den Kunden in den Mittelpunkt stellen. „Back to the roots“, möchte man sagen. Die Bank als Dienstleister und weg von der Zockermentalität. Schließlich steht nach dem Finanzdilemma eine ganze Generation von Bankern unter Generalverdacht. Aber bei genauerem Hinsehen wird man erkennen, dass die üppigen Gehälter nicht nur in der Spitze verdient werden.
Auch im mittleren und unteren Bereich der Belegschaft hat sich das Gehaltsgefüge mächtig aufgebläht. Zuschüsse von 20 Prozent für jeden Tarifangestellten wie bei der bundeseigenen KfW. Bei der staatlichen Förderbank werden fast 70 Prozent der Angestellten außerhalb der Tarifstrukturen entlohnt. Vergleicht man das mit anderen Unternehmen, wo Mitarbeiter Kürzungen sowie Verzicht bei Gehalt und außertariflichen Zahlungen hinnehmen mussten, muten solche Saläre einer staatlichen Bank doch eher fantasievoll an.
Der Chef der DZ Bank fordert eine Reduzierung auf ganz breiter Front. Die Durchschnittsgehälter sollten sinken und die übertariflichen Zahlungen abgebaut werden. Der Boss der Commerzbank fordert: „Die Gehälter müssen sich denen der Industrie anpassen.“ Nachdem seine Bank mit Steuergeldern vor dem Kollaps gerettet worden war, musste er sich mit mickrigen 500.000 Euro jährlich zufriedengeben. Sein Gehalt wurde für drei Jahre gedeckelt. Da kommt einem der Verdacht, er habe Gefallen daran gefunden – in einer Branche, in der ein derartiges Salär als „lächerliche Peanuts“ bezeichnet wird. Oder soll das heißen, dass Unternehmen, die eigentlich schon gar nicht mehr existieren würden, wenn sie nicht durch die Steuerabgaben gerettet und gepampert worden wären, eine gewisse Bescheidenheit bei den Vorstandsgehältern an den Tag legen sollten? So als Zeichen eines immer noch vorhandenen gesunden Menschenverstands?
Mittlerweile darf er ja nach den mageren Jahren wieder 160 Prozent mehr einstecken. Und weil sein Institut mehr als die Hälfte der staatlichen Hilfe wieder zurückgezahlt hat, hält sein Betriebsratschef das auch nicht für unanständig. Immerhin liegt sein Chef mit dem neuen Millionengehalt am unteren Ende der Gehaltsskala im DAX, praktisch im Niedriglohnsektor. Wie ist nun die Anpassung der Vergütung an die Industrie zu verstehen? Will man sich vom unteren Ende der Skala nach oben bewegen oder gilt eine Kürzung der Bezüge nur für die Mitarbeiter? Ähnlich wie bei Steuererhöhungen in der Politik: Die Masse macht’s.
Vielleicht aber hat die Zeit der finanziellen Entbehrungen die Banker geläutert, und der Wandel vom Egoismus zum Altruismus ist ernst gemeint. Wohl kaum. In Bankerkreisen munkelt man, dass eine Zurückhaltung bei Gehaltsforderungen die Diskussion über schärfere Regulierungen im Finanzsektor eindämmen würde, und sie blieben die Profiteure der Rettung des Euros.
Sollten die Banker wirklich zu Idealisten mutieren, kann man das wohl nur im Kontext dessen sehen, was der amerikanische Schriftsteller William Faulkner einst schrieb: „Idealisten sind Menschen, die so tun, als könne man Ideale verwirklichen.“

Ein bisschen Verdacht bleibt da immer

meint Viktor