Suche
Close this search box.

Der mit der Kröte wandert …

Wenn mein Frauchen und ich abends mit einer Taschenlampe am Waldrand unterwegs sind, dann haben wir sie immer beobachtet, die Kröten. Langsam und behäbig kamen sie aus ihren Winterquartieren in Richtung Tümpel und Teiche. Hier wollen sie laichen, also ihre Eier ablegen, aus denen erst Kaulquappen und nach einiger Zeit wieder Kröten werden, erzählte mir mein Frauchen. Da darf man sie nicht stören und muss sich ganz ruhig verhalten. Das habe ich auch immer so gemacht.
Aber als wir neulich mit Frauchens Freundin und Max, dem Riesenschnauzer, Gassi gegangen sind, da haben die beiden sich über eine Krötenwanderung unterhalten, die ich überhaupt noch nicht gekannt habe. Max aber, der wusste wohl Bescheid. Irgendwie ging es da um ganz andere Kröten.
Frauchens Freundin erzählte, dass ihr Mann sich mit seinem Anwalt besprochen habe. Die Frage: Selbstanzeige? Und das „wegen der paar Kröten“, meinte sie. „Wieso muss man denn Kröten anzeigen?“, fragte ich Max. – „Hund Viktor, du hast aber auch überhaupt keine Ahnung – nun pass mal auf. Mein Herrchen und ich sind im Jahr immer ein paar Mal in so ein kleines Land mit vielen Bergen gefahren. Ich fand das immer supertoll, und ich glaube, mein Herrchen auch. Da hatte er immer gute Laune, und ich durfte sogar vorne sitzen. Eine schöne Tour war das immer, nur über Landstraßen und Feldwege. Dann haben wir vor einem schönen Gebäude gehalten, und überall hingen so Fahnen mit einem Kreuz drauf. Mein Herrchen holte eine große Tasche unter meinem Sitz hervor und meinte, er bringe mal eben die Kröten weg, und ich solle schön auf das Auto aufpassen. Und wenn er zurückkam, hatte er immer eine Wurst fürs Aufpassen. Herrchen sang dann immer im Auto und meinte, da kann der Blödmann ruhig die Kavallerie schicken. Zurück ging es volle Kanne über die Autobahn. Aber in diesem Jahr sind wir noch kein einziges Mal gefahren.“
„Wieso Kavallerie wegen Kröten? Das verstehe ich nicht. Bei uns laufen die immer ohne rum. Und überhaupt, ich finde das super, wenn dein Herrchen den Kröten bei der Wanderung hilft.“ – „Hund Viktor, du kapierst nichts.“
„Hat das was mit dieser CD zu tun?“, hörte ich mein Frauchen fragen. – „Siehste, dein Frauchen kennt sich aus, vielleicht ist die auch auf dieser CD“, meinte Max.
„Nee, das glaube ich nicht, mein Frauchen kann gar nicht singen.“ – „Na, da sei man froh“, meinte Max. „Ich glaube, mein Alter ist drauf. Der hat nämlich total schlechte Laune, seitdem das mit der CD in der Zeitung stand.“
„Ich dachte, dein Herrchen ist Chefarzt und kein Sänger.“ – „Hör mal, Viktor, hier geht’s nicht um Musik, sondern um Steuern – und zwar um nicht bezahlte.“ – „Ach so, da hab ich aber Glück. Mein Frauchen ist nämlich neulich mit mir auf die Bank gegangen und hat die Hundesteuer für mich bezahlt. ‚Bevor die Kavallerie kommt‘, sagte sie noch zu mir. Jetzt versteh ich, dein Herrchen hat sich an einer fetten Kröte verschluckt, und jetzt hat er mächtig Bauchschmerzen.“ – „Nee“, meinte Max, „der nicht, der ist ja Arzt. Neulich hat er sich am PC die Route nach Kroatien ausdrucken lassen.“
„Hoffentlich haben die auch so leckere Würste wie in dem Land mit den vielen Bergen“, rief ich Max hinterher. Der flitzte nämlich gerade hinter einer Kröte her. „Max hat auch nichts kapiert“, dachte ich noch.

Euer Viktor